Friede des Herzens.

Glauben, Gebet und Selbstverleugnung - Gedanken zum Jahrestreffen der Oblaten am 19. und 20. Oktober 2019

von Peter Siemon Böhringer, Oberstammheim

Zuerst eine Frage: Weshalb treffen wir uns eigentlich immer wieder jedes Jahr, um unsere Oblation zu erneuern, um mit Namensangabe, Datum und Unterschrift zu bezeugen, dass wir uns Gott dem Allmächtigen für das Kloster des heiligen Martin zu Disentis darbringen wollen und uns fest vornehmen, unser Leben nach dem Geist der Regel des Heiligen Vaters Benedikt gemäss den Satzungen der Oblaten zu gestalten und dies alles vor Gott und allen Heiligen?

Während dem feierlichen Sonntagsgottesdienst mit Pater Bruno, der uns liebevoll ganz besonders angesprochen hat, wurde mir plötzlich bewusst: Diese Oblationserneuerung ist wirklich eine bedeutsame Sache. Wie kam das?

Ich sass auf der vordersten Bank in der Marienkirche, wo normalerweise die Mönche sitzen, genau vor der linken Granitsäule neben dem Altar, kaum einen Meter von mir entfernt, dort, wo bisher der erst kürzlich verstorbene Bruder Luzi mit seinen manchmal lustigen Spässen auch gesessen hatte. Die Säule stand für mich da wie ein Symbol für unseren Glauben, der fest und stark dastehen sollte und in die Höhe weist. Der über alle Stürme hinweg zu unserem Vater hinweist. Ein Glaube, der trotzig, beinahe unangreifbar dasteht, höchstens mit teuflischem Hammerwerk und Meissel verletzbar ist und der für alle sichtbar ist. Um diese Aufgabe zu erkennen und uns in Erinnerung zu rufen und auch so zu handeln, deshalb erneuern wir jedes Jahr unser Oblationsversprechen.

So war der ganze Gottesdienst ein grosses Fest des Glaubens. Alle Anwesenden, die Priester, die Mönche, die Gottesdienstbesucher und wir, die Oblaten, waren vereint vor dem Altar. Es war für mich wirklich ein Glaubensfest, es berührte mich tief, so vereint vor dem Altar zu stehen, ich bekam eine leise Ahnung vom Reich Gottes.

Die Predigt von Pater Ioannes war eine schöne Ergänzung zu unserem Anlass. Er nahm den Evangeliumsvers «Jesus sagte seinen Jüngern, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollen» (Lk18,1) als Anlass, die Bedeutung und zentrale Wichtigkeit des Gebetes näher zu betrachten. Er erläuterte einige Stellen aus der Bibel, die uns zeigten, wie, weshalb wir beten dürfen … und ganz wichtig, dass wir für unsere Feinde beten sollen (Mt 5,44). Lehrreich waren für mich die Gedanken, weshalb es so oft vorkommt, dass Gebete nicht erhört werden? In Kürze: Haben wir ein reines Herz oder ist unsere Gottesbeziehung durch Sünde getrübt? Haben wir gut gebeichtet? Entspricht unser Gebetsanliegen dem Willen Gottes? Ist es an der Zeit, dass Gott mein Gebet erfüllt? Oder will uns Gott etwas erfüllen, das noch viel schöner ist, als das, was wir erbeten haben. (1Kor 2,9)

Im vergangenen Jahr beschäftigten wir uns unter der Leitung von Pater Bruno Rieder immer wieder mit dem Kapitel 4 aus der Regel der Benediktiner: «Die Werkzeuge der geistlichen Kunst». Dieses Mal mit RB 4,10 «Sich selbst verleugnen, um Christus nachzufolgen». Bei dieser Regel werde ich immer wieder zuerst stutzig. Für den Normalverbraucher ist dieses Wort sehr negativ besetzt. In der Psychologie, in der Pädagogik, in der Schule, in den heutigen Erziehungsformen wird dieser Begriff gemieden, ja er ist geradezu ein rotes Tuch. Jeder soll sich doch als Individuum entwickeln, nein sagen können, das will ich nicht, zu sich stehen, etc. Die Individualität steht zuoberst, sich selbst verleugnen zuunterst. Ein Kind zum Selbstverleugnen erziehen wäre ein schwerer Fehler eines jeden Pädagogen. Nur schon sich anpassen, evtl. sogar sich unterordnen ist dann bereits ein grosses Problem in der Schule. 

Aber die Bibel sagt uns dazu ein klares Wort: «Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach» (Mk 8,34) Dabei ist aber unbedingt zu beachten: Es geht nicht um Selbstverachtung, das wäre Sünde, auch nicht um fehlendes Selbstbewusstsein, das wäre mangelnde Persönlichkeitsentwicklung, sondern es geht vielmehr darum, sich mit den Augen Gottes anzuschauen als Heilung des Selbstbildes, und sich christlich selbstverleugnen, um Christus ähnlicher zu werden. Oder anders gesagt, erst eine demütige, selbstverleugnende Haltung kann uns im Glauben Christus näherbringen. Also eine zentrale Regel des Heiligen Benedikt! Es lohnt sich, die Regel Benedikts näher zu betrachten, auch wenn sie manchmal altmodisch und weltfremd erscheint.

Neben all dem Besprochenen gibt es noch den neuen Flyer. zu erwähnen. Mit diesem Flyer möchten wir die Öffentlichkeit vermehrt darauf aufmerksam machen, dass wir eine Gemeinschaft sind, die versucht auf dem Weg Jesu in bewusster Bindung an das Kloster Disentis den Glauben zu vertiefen, d. h. sich für den Einsatz in Familie, Beruf und Kirche vom Geist der Benediktinerregel führen zu lassen und sich mit dem Gebet und Gottesdienst des Klosters Disentis verbunden zu wissen. Ein lesenswerter Flyer, dem wir eine weite Verbreitung wünschen.

Wir verwenden Cookies und Google Analytics, damit wir unsere Internetseite laufend verbessern und Sie bestmöglich mit Informationen versorgen können. Durch die weitere Nutzung der Internetseite erklären Sie sich mit der Verwendung der oben genannten Dienste einverstanden. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.