Klosterprimiz von Pater Murezi Casanova

Zwei Tage nach seiner Ordination zum Priester hat Pater Murezi Casanova in der Martinskirche seine Klosterprimiz gehalten. Die Predigt dazu hielt in der Martinskirche Pater Judas Thaddäus Maria Hausmann OCist aus dem Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel, der immer wieder Bezug auf Pater Murezis frühere Ausbildung als Gärtner nahm.

«Im Rückblick auf Deinen früheren Beruf sagst Du: ,Ich wollte immer den schönsten Garten pflanzen.‘ Du sollst wissen: Der HERR hat Deine Bitte erhört! Vorgestern hat er Dir eine unsichtbare Schaufel an die Hand gegeben, und nun darfst Du loslegen!», so Pater Thaddäus. «Du bist ja längst nicht mehr Gärtner für irgendwelche Kunden, sondern jetzt bist Du Gärtner für Gott. Der Garten Gottes ist aber ein Ort für die Liebe und ein Ort der Sehnsucht. ,Sehnsüchtig wartet die ganze Schöpfung auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes‘ (Röm 8,19), so hörten wir in der 2. Lesung. In jedem Menschen, egal was er verbrochen hat, ist vom Schöpfer eine unfassbare Schönheit angelegt.»

Pater Thaddäus und Pater Murezi hatten sich während des Studiums in Heiligenkreuz kennengelernt. «Er war gerade dabei, sein Studium abzuschliessen, als ich begann», erinnert sich Pater Murezi, der auch Gast bei Pater Thaddäus Priesterweihe war. «Er hat mir am Anfang im Studium geholfen, und so entstand eine gute Freundschaft.» Aktuell arbeitet der Zisterzienser in Stipel in Deutschland, einem Priorat des Stifts Heiligenkreuz.

Nun habe Pater Murezi, so Pater Thaddäus in seiner Predigt weiter, «den schönsten Beruf der Welt». Damit er die Schönheit in den Menschen freischaufele, gemeinsam mit ihm, habe der Herr ihn zum Priester gemacht. «Der Herr schenke Dir, dass Du nicht nur säen, sondern immer mal wieder auch ernten darfst – so wie vorgestern Dein Abt und Deine Mitbrüder. Dann nämlich erwächst Dir auch selbst, wie es beim Laubhüttenfest in der 1. Lesung dem priesterlichen Volk beschert war, eine ,überaus große Freude‘ (Neh 8,17).»

Auch nach Heiligenkreuz, wo Pater Murezi sein Studium absolvierte, begleitete ihn das Motiv des Gärtners, wie Pater Thaddäus berichtete: «Im Chorgestühl von Heiligenkreuz [...] ist die biblische Szene besonders amüsant dargestellt: Man sieht den Auferstandenen mit einem Spaten über der Schulter und einem barocken Gärtnerhut auf dem Kopf. Im Hintergrund wuchert bereits der ,Baum des Lebens‘ (vgl. Offb 2,7). Jesus zu Füssen kniet Maria Magdalena, hingerissen und mit weit geöffneten Augen. Ganz innerlich, aber ohne es zu wissen, hat sie den Erlöser schon erkannt. Denn ein Gärtner ist ,eine Gestalt hintergründiger Hoffnung auf Leben‘.»

Seit der Priesterweihe von Abt Vigeli Monn am 26. August 1995 ist Pater Murezi wieder der erste Neupriester mit rätoromanischer Muttersprache. Der 28-Jährige besuchte die Primarschule in Cuschnaus und die Oberstufe in Vella und trat nach einer Ausbildung zum Landschaftsgärtner in Ilanz und Rorschach SG sowie dem Militärdienst 2016 ins Kloster ein. In Disentis ist Pater Murezi unter anderem sehr in der Jugendarbeit, zum Beispiel beim Praisegod, engagiert. «Mein Wunsch ist es, die Kraft und Hoffnung, die ich aus dem Glauben schöpfen darf, anderen Menschen zugänglich zu machen», so der neue Priester.

 


Hier finden Sie die Predigt von Pater Judas Thaddäus Maria Hausmann OCist aus dem Zisterzienserkloster Bochum-Stiepel zur Kloster von Pater Murezi in der Martinskirche des Klosters Disentis in voller Länge:

Hochwürdigster Herr Abt,
liebe Mitbrüder,
verehrte Eltern des Primizianten,
liebe Schwestern und Brüder,
lieber Neupriester und Primiziant Pater Murezi!

Erst einmal möchte ich Dir danken, lieber Pater Murezi, für Dein Vertrauen, dass ich Dir bei Deiner Primizmesse die Predigt halten darf. Es ist Ausdruck Deiner wertvollen Freundschaft, und zwar nicht nur zu mir, sondern zu allen, die Dir in Heiligenkreuz, meinem Heimatkloster, Freunde und Wegbegleiter geworden sind.

„Ich will dem HERRN singen in meinem Leben, meinem Gott singen und spielen, solange ich da bin.“ (Ps 104,33) Dieser hymnische Vers stammt aus Ps 104. Wir hörten ihn vorhin zwischen beiden Lesungen. Passt er nicht, lieber Pater Murezi, zu Deiner Lebensform als Mönch? Und passt er nicht erst recht zum heutigen Tag? Aus verschiedenen Ländern sind wir hier zusammengekommen, um miteinzustimmen in Deinen neupriesterlichen Lobpreis, um Gott zuzujubeln in dieser ersten von Dir vorgestandenen Eucharistiefeier. Wir wollen Gott danken, und zwar zuallererst für das Geschenk Deiner Berufung an diesen herrlichen Ort der Schöpfung. Ich bin angereist von der flachen Ruhr, dem deutschen Zufluss des Rheins, und darf hier entdecken, wie wunderschön die Gebirgsgegend am Quell des Hauptflusses ist. „Du lässt Quellen sprudeln in Bäche, sie eilen zwischen den Bergen dahin. (...) Du tränkst die Berge aus deinen Kammern, von der Frucht deiner Werke wird die Erde satt.“ (Ps 104,10.13)

Hier in den steilen Bergen, wo der himmlische Wasservorrat eine reiche Tier- und Pflanzenwelt zum Leben erweckt hat, wo Vögel sich ihre Nester bauen und Steinböcke und Klippdachse sich tummeln (vgl. Ps 104,17-18), hier steht das uralte Kloster Disentis, ein stabiler Ort des Gotteslobes und der immerwährenden Fürbitte für die Welt: „Sende aus deinen Geist, und alles wird neu geschaffen, und du wirst das Angesicht der Erde erneuern.“ (Ps 104,30) Das Geheimnis einer solchen fruchtbaren Verwandlung ist dem Namen des hiesigen Klosters förmlich eingeschrieben. Denn mitten im Schweizer Alpenparadies versteht Disentis sich erst einmal als ein Wüstenort, als, wörtlich, ein monasterium desertinensis (Dissertinensis)! Ausgerechnet in die Wüste hat es Dich also damals verschlagen, lieber P. Murezi, Dich als ausgebildeten Landschaftsgärtner! Der HERR hatte Dich bei Deinem Namen gerufen, ähnlich vielleicht, wie die Maria von Magdala im soeben gehörten Evangelium (vgl. Joh 20,16). Denken wir ruhig an den berühmten Spruch bei Jesaja: „Ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir!“ (Jes 43,1) Und weiter heißt es dort, passenderweise: „Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort.“ (43,2) (Nicht, dass wir Dir raten wollten, das im Rhein einmal auszuprobieren!) Mit einer Ausbildung zum Gartenarchitekten jedenfalls bist Du nach Disentis gekommen. Fortan hast Du eine neue Sendung: Du sollst den wahren Gärtner abbilden, nämlich Jesus selbst.

Nun gründet das Gärtnermotiv im Evangelium scheinbar auf einer Täuschung. Maria Magdalena, diese rührendste unter den vielen Auferstehungszeugen, hat ja ihren Augen zunächst nicht getraut, als Jesus hinter ihr stand: „Sie meinte, es sei der Gärtner.“ (Joh 20,15) Im Chorgestühl von Heiligenkreuz, wohin Dich der HERR für die Zeit des Studiums verpflanzt hatte, ist die biblische Szene besonders amüsant dargestellt: Man sieht den Auferstandenen mit einem Spaten über der Schulter und einem barocken Gärtnerhut auf dem Kopf. Im Hintergrund wuchert bereits der „Baum des Lebens“ (vgl. Offb 2,7). Jesus zu Füßen kniet Maria Magdalena, hingerissen und mit weit geöffneten Augen. Ganz innerlich, aber ohne es zu wissen, hat sie den Erlöser schon erkannt. Denn ein Gärtner ist „eine Gestalt hintergründiger Hoffnung auf Leben.“ Der Garten wiederum verweist in diesem Zusammenhang auf das Paradies. Wir Mönche sind schon immer auf der Suche nach dem Paradies gewesen, auf der Suche nach dem Himmel auf Erden, der wie ein Schatz im Acker ist, wie eine kostbare Perle, für die wir im Augenblick unseres klösterlichen Eintritts alles freiwillig zurückgelassen haben. Das Paradies wird in unseren Klosteranlagen wunderschön symbolisiert durch den verschlossenen Garten in der Mitte des Kreuzgangs. Das Kloster ringsum ist ein Ort der Zurückgezogenheit, gleichsam eine „Wüste“, in der wir ja tatsächlich leider auch Zeiten der geistlichen Trockenheit erleben. Dennoch ist unser Blick immer verhaftet auf dieses Paradies. Mit dem Paradies ist zugleich gemeint: der geheime Garten inmitten unserer Seele. Dort wartet der Auferstandene mit seiner ganzen Liebe auf uns, er will uns Seinen Frieden schenken. „Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in dir.“ Dieses Bekenntnis des heiligen Augustinus, lieber P. Murezi, ist Dir besonders ans Herz gewachsen. Nicht umsonst war es Dein Profess-Spruch.

Aber nicht die Ruhe ist nun für Dich mit der Priesterweihe in ein neues Stadium getreten, sondern eher die Unruhe, die Sehnsucht. Wir Mönche leben nicht, wie manch Außenstehende es fälschlich annehmen, für uns allein, und noch weniger tut dies der Priester. Er nimmt in besonderer Weise teil an der Sorge des HERRN für den großen Garten seiner Schöpfung. Dieser Garten kennt nicht gerade wenig an Unordnung und Unheil. Er bedarf dringend der Frucht der Erlösung. Das zeigt uns nicht nur die Klarsicht auf die Welt da draußen, sondern auch ein ehrlicher Blick auf den Garten unserer eigenen Seele. Aber schon die Gartenmotivik des Johannesevangeliums lässt uns in einen Abgrund blicken: Ein Garten war es, in dem Jesus verhaftet worden ist (vgl. Joh 18,1), in dem er sich selbst für uns auslieferte. Lieber P. Murezi, auch Du als Priester bist entprivatisiert worden, in einer noch tiefergehenden Weise als bisher. Du gehörst jetzt wirklich ganz Ihm (vgl. Jes 43,1). Und ein Garten war es wiederum auch, in dem der Leichnam Jesu bestattet worden ist (vgl. Joh 19,41). Auch Du, lieber Neupriester, hast Dein Leben in der Weihe unter das Geheimnis des Kreuzes gestellt. Verhaftung, Kreuz und Grab: Diese drei Koordinaten gehören, wenigstens im übertragenen Sinne, zum Ernst des Lebensentwurfs, den ein Priester auf sich genommen hat. Unser radikaler priesterlicher Dienst an Gott und an den Menschen ist heute in ungeheurem Maße angefochten und unverstanden. Wir sehen das in den Debatten außerhalb der Kirche, und leider auch innerhalb. Dennoch brauchen wir uns die Freude an unserem Dienst von niemandem nehmen zu lassen. Wir dürfen Begegnungen ermöglichen, und zwar mit keinem Geringeren als dem Auferstandenen!

Der Garten, in dem Maria Magdalena Jesus begegnet ist, ist durch die Auferstehung Sinnbild eines neuen, eines erfüllten Lebens geworden. Schon die Emmausjünger haben dieses lebendige Erfülltsein durch die Gemeinschaft mit Jesus verspürt. Er ist auch immer mit uns unterwegs. Doch er will auch bei uns sein, ja, mehr noch, in uns. Diesen inneren Christus, der durch die Taufe in uns eingesenkt ist, sollst Du mit Hilfe der Sakramente in den Menschen neu zum Vorschein bringen. Du darfst die Verwandlung bestaunen, die aus der heilbringenden Beziehung zum Erlöser erwächst. Denn die Gegenwart des Auferstandenen wandelt Tränen in Jubel, sie schafft Versöhnung und Leben, sie „bringe der ganzen Welt Frieden und Heil“.

Lieber Pater Murezi, zum Schluss möchte ich von Dir ein Wort zitieren, das Du in einem berührenden Videoclip geäußert hast. Man findet es leicht im Internet. Dieser eine Satz hat mich unglaublich bewegt. Im Rückblick auf Deinen früheren Beruf sagst Du: „Ich wollte immer den schönsten Garten pflanzen.“ Du sollst wissen: Der HERR hat Deine Bitte erhört! Vorgestern hat er Dir eine unsichtbare Schaufel an die Hand gegeben, und nun darfst Du loslegen! Du bist ja längst nicht mehr Gärtner für irgendwelche Kunden, sondern jetzt bist Du Gärtner für Gott. Der Garten Gottes ist aber ein Ort für die Liebe und ein Ort der Sehnsucht. „Sehnsüchtig wartet die ganze Schöpfung auf das Offenbarwerden der Kinder Gottes“ (Röm 8,19), so hörten wir in der 2. Lesung. In jedem Menschen, egal was er verbrochen hat, ist vom Schöpfer eine unfassbare Schönheit angelegt. Damit Du diese Schönheit in den Menschen freischaufelst, gemeinsam mit Ihm, hat der HERR Dich zum Priester gemacht. Glaub mir, Du hast den schönsten Beruf der Welt! Ein Letztes wünsche ich Dir noch von ganzem Herzen: Der HERR schenke Dir, dass Du nicht nur säen, sondern immer mal wieder auch ernten darfst – so wie vorgestern Dein Abt und Deine Mitbrüder. Dann nämlich erwächst Dir auch selbst, wie es beim Laubhüttenfest in der 1. Lesung dem priesterlichen Volk beschert war, eine „überaus große Freude“ (Neh 8,17). Amen.

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