Danach soll zunächst der 1985 nordöstlich des Haupthauses entstandene eingeschossige und ungedämmte Anbau der SAC-Hütte abgerissen werden, der sich ohnehin in schlechtem Zustand befindet. Dieser wird durch einen neuen Holzanbau in Metallverkleidung in anthrazit ersetzt, der sich als ästhetischer Gegenpol zur Natursteinhütte präsentiert. Die Form des Neubaus orientiert sich dabei den Formen des Minerals Anatas. «Dieser Kristall kommt auch dort oben vor», sagt Architekt Martin Hellingmann, der das Projekt betreut. «Er hat dem Anbau den Stempel aufgedrückt, gibt der Hütte ihre Formensprache und auch ihre Farbe.» Der Ausbaustandard des neuen Hüttenteils soll einfach und zweckmässig sein, Oberflächen und Einbauelemente werden robust.
Gleichzeitig sieht der Plan vor, dass die 40 Jahre alte Haustechnik und die sanitären und technischen Anlagen der Hütte komplett erneuert werden und das Platzangebot von aktuell 60 Schlafplätzen auf 49 reduziert – und damit der Komfort für Gäste und Personal deutlich erhöht. Die Cavardirashütte ist ursprünglich 1928 als Skitourenhütte erbaut worden und wurde 1974 um den zweigeschossigen Steinbau erweitert. Zuletzt war 2006 in der Hütte gebaut worden, als die Küche einen neuen Platz bekam. Die alte Steinhütte bleibt im Kern baulich erhalten. Hier ist neben Anpassungen und Optimierungen in den Innenräumen nur ein neues Dach geplant.
Insgesamt sehen die Pläne der SAC-Sektion Winterthur Investitionen von rund 3,5 Millionen Franken vor. Dazu gehört auch eine Erneuerung der Wasserversorgung der Hütte, die in den vergangenen Jahren zunehmend schwieriger geworden war. Da es im Gebiet der Cavardirashütte keine ergiebigen Quellen gibt und kein Grund- oder Kluftwasser erschlossen werden kann, muss auch künftig auf oberflächennahes Hang- und Schmelzwasser zurückgegriffen werden. Eine Verbesserung der Wasserfassung und grössere Speicher sollen die Hüttenversorgung sichern. Um Wasser zu sparen, sollen Gästen und Personal nach dem Umbau Trockentoiletten zur Verfügung stehen, die an Komposter angeschlossen werden. Zur Aufbereitung des Abwassers ist eine stromlose Kleinkläranlage geplant. Das gesamte Abwasserkonzept wurde im Rahmen einer Voranfrage beim Amt für Natur und Umwelt des Kantons Graubünden bereits als bewilligungsfähig eingestuft.
Optimiert werden sollen ausserdem die Energieversorgung der Hütte durch einen möglichst weitgehenden Verzicht auf nicht erneuerbare Energiequellen, die Arbeitsbedingungen für das Hüttenteam und die betrieblichen Abläufe, der Brandschutz sowie der Komfort. Damit soll die abseits liegende Hütte beispielsweise auch für Familien attraktiver werden. Im Schnitt verzeichnete die Cavardirashütte zuletzt 1225 Übernachtungen pro Jahr, davon 113 im Winter.
Die Lage der Hütte sorgt auch für eine der grössten Herausforderungen bei den Bauarbeiten: dem Umschlag von Mensch und Material. Grössere Transporte zur Hütte sollen ab dem Bereich Plaun Menisch unterhalb der Bergstation der Seilbahn Disentis-Caischavedra geflogen werden. «Das wird sicher der zentrale Umschlagplatz», so Hellingmann. Für kleinere Lasten komme ausserdem Plaun Tir in Frage. Auch für das den Bau ausführende Personal mache die Lage der Hütte das Projekt nicht einfacher. «Unternehmen, die sich beteiligen, sollten schon irgendwie infiziert sein mit dem Virus, da oben bauen zu wollen. So eine Baustelle braucht sicher auch von den Ausführenden besonderes Engagement. Klar, am Ende kann man fast immer fliegen, aber es ist mein Anliegen, dass die Beteiligten den Besonderheiten der Baustelle Rechnung tragen und nicht wegen jeder Kleinigkeit den Helikopter rufen», sagt Hellingmann. Von Plaun Tir sei die Hütte in gut drei Stunden zu Fuss zu erreichen.
Während der Bauarbeiten wird die Hütte in den Saisons 2024 und 2025 geschlossen bleiben. «Im kommenden Jahr sind bereits Spreng- und Aushubarbeiten geplant, wir wollen schon das Fundament bauen», erklärt Thury Senn, Hüttenchef der Cavardirashütte bei der SAC-Sektion Winterthur. Aktuell laufe die Finanzierung. «Wir sind kräftig am Suchen», so Senn. Aktuell sei man unter anderem dabei, Stiftungen für die Renovierung zu begeistern. «Wenn die Finanzierung nicht rechtzeitig steht, müssen wir alles sonst um ein Jahr verschieben.»
Martin Hellingmann hatte als Architekt bereits die Renovierung der Rugghubelhütte bei Engelberg und der Glattalphütte im Muotathal begleitet und bereits bei der Hüfihütte im Maderanertal sowie der Kröntenhütte bei Erstfeld Erfahrungen mit Bauten im Hochgebirge gemacht. Zunehmend erschwere auch die Bürokratie die Arbeit. Es gebe sehr viele Vorgaben von Amts wegen. «Und diese Vorgaben und Richtlinien aus dem Tal sind nicht immer alle optimal für SAC-Hütten», so der Architekt. «Oft müssen wir für pragmatische Lösungen erst kämpfen.»
Die Cavardirashütte ist auch regelmässig Ziel einiger Mönche des Klosters, weiss Abt Vigeli Monn. «Im vergangenen Jahr im Sommer sind Bruder Urs und Bruder Murezi noch vom Kloster aus gestartet, die Hütte zu besuchen, und dann über das Val Russein zurück. Eine lange und sehr schöne Tour, ich habe sie selbst schon mehrmals gemacht. Wir wünschen den Verantwortlichen für den Umbau eine erfolgreiche Finanzierung des Projektes, unfallfreie und gute Arbeiten und Gottes Segen für die neue Hütte.»


