«Welterbe des Mittelalters»: Eine Mitra geht auf Reisen

Mit der ältesten ganz erhaltenen Mitra der Schweiz beteiligt sich auch das Kloster Disentis derzeit an der spektakulären Ausstellung «Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau», die vor wenigen Tagen am Bodensee eröffnet wurde.

Landläufig als «Mitra des heiligen Sigisbert» bezeichnet, wurde sie später Abt Johannes von Ilanz, der 1367 bis 1401 Abt in Disentis war, zugeordnet, ist aber wohl 200 Jahre älter.

Die Mitra ist eins der ältesten und wertvollsten Ausstellungsstücke des Klostermuseums in Disentis. Sie hat die Reise an den Bodensee, gut verpackt und beaufsichtigt, bereits im April angetreten.

Das Kloster Reichenau auf der gleichnamigen Insel im Bodensee feiert in diesem Jahr sein 1300-jähriges Jubiläum. Dazu sind verschiedene Anlässe geplant. Im Mittelpunkt stehen die «Grosse Landesausstellung 2024» des Badischen Landesmuseum auf der Insel selbst sowie die am 20. April eröffnete Ausstellung «Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau» im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz, die noch bis zum 20. Oktober zu sehen ist.

Ausser der Mitra aus dem Kloster Disentis gibt es noch eine weitere Verbindung nach Graubünden. So ist ausserdem das «Reichenauer Verbrüderungsbuch» aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts zu sehen, das kurz vor 1800 über das Kloster Rheinau nach Zürich kam, wo es heute in der Zentralbibliothek aufbewahrt wird. Für Experten ist dieses zunächst unscheinbare Buch das spannendste der gesamten Ausstellung. Es enthält, schlicht als lange Aufzählung, insgesamt 38.000 Namen von Laien, Stiftern und Wohltätern aus weiten Teilen Europas, darunter Kaiser, Könige und Päpste. Darin finden sich auch die Namen der ersten Disentiser Mönche – nämlich insgesamt 164, die unter den beiden Äbten Ursizin und Agnellus im Kloster Disentis lebten, also auch die Gründergruppe, die den Anfang des Klosters Disentis bildete.

Die in Konstanz ausgestellte Disentiser Mitra ist zwar nicht ganz so alt wie das Buch und hat auch keinen direkten Bezug zum Kloster Reichenau, sie ist aber die älteste ganz erhaltene Mitra der Schweiz. In der Fachliteratur wird sie noch heute als die sogenannte Mitra des heiligen Sigisbert bezeichnet – ein Name, der wohl um 1600 aufkam. Sie hat allerdings mit dem Gründer des Klosters Disentis nichts zu tun. Lange wurde sie dagegen mit Abt Johannes von Ilanz (Abt von 1367 bis 1401) in Verbindung gebracht, der das Privileg der Pontifikalien – also das Recht, die Mitra tragen zu dürfen – erhalten haben soll, um dem Schicksal seines Vorgängers zu entgehen, der Streitigkeiten um Bergrechte mit dem Leben bezahlen musste.

Neueste textilhistorische Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass die Mitra gut 200 Jahre älter ist als bisher angenommen. Die Gestaltung der Goldborten an der Mitra zeigt eine enge Verwandtschaft mit «Palermitaner Borten» (Palermo, Sizilien; 2. Hälfte 12. Jahrhundert). Der gleichen Zeit wird auch eine Mitra aus dem Neustift Brixen (Mitra des seligen Hartmann) zugeordnet, die mit der Disentiser Mitra vergleichbar ist. So dürfte die Disentiser Mitra im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts entstanden sein – und damit zu einer Zeit, als das Kloster Disentis seine Abhängigkeit von Brixen abgelegt hatte, Kaiser Friedrich I. Barbarossa mehrmals den Weg über den Lukmanier wählte und Abt Walther II. das Kloster Disentis führte, bevor er Bischof in Gurk in Kärnten wurde.

Wie jedoch der Abt von Disentis zu seiner Mitra kam, ist bis heute ungeklärt.

Nach Abschluss der Ausstellung «Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau» wird die Mitra ins Kloster Disentis zurückkehren und wieder im Klostermuseum zu sehen sein. Neben einer umfangreichen kulturhistorischen Ausstellung bietet das Museum des Klosters Disentis auch eine grosse Ausstellung zu Tieren und Pflanzen der Region. Es ist auch für Kinder geeignet.

Weitere Informationen zu den Ausstellungen in Konstanz und auf der Insel Reichenau gibt es hier:

https://reichenau1300.insel-reichenau.eu/
https://www.ausstellung-reichenau.de/

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