Besinnungstage der Oblaten: «Das Warten»

Oblaten-Besinnungstage: «Das Warten» vom 11.- 14. Mai 2023

Zu ihren traditionellen Besinnungstagen haben sich die Oblaten des Klosters Disentis im Mai erneut zu den Dominikanerinnen ins Kloster Bludenz zurückgezogen. Kernthema war in diesem Jahr das «Warten», wie Peter Böhringer berichtet. Geleitet wurden die Besinnungstage von Pater Bruno Rieder.

«Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen.» Dieses Wort aus Apg 5,32 ist mir heute während der Messe hängen geblieben. Also dieser Heilige Geist ist auch heute, jetzt, in mir gegenwärtig (sofern ich ihm Ehrfurcht entgegenbringe). Ist das nicht wunderbar? Gott ist mir gegenwärtig. Bedenkt man dies während des Hochgebetes, wird einem das Wunder der Eucharistie offenbar. Da hört das Warten auf. Er ist nämlich da, gegenwärtig. Und so bin ich bei unserem Besinnungsthema «Warten» angelangt, das wir miteinander am Wochenende vom 11. bis 14. Mai unter der Leitung von Pater Bruno im Kloster Bludenz bei den Dominikanerinnen betrachteten.

Schon während der Einführung in dieses Thema musste ich aufpassen, den Worten Pater Brunos folgen zu können. Denn ein ganzer Film von Ereignissen aus meinem Leben mit Warten und den dazugehörenden Gefühlen lief in mir ab.

Worauf warten? Als Christen dürfen wir beim Warten auf ein gutes Ende hoffen, auch wenn es zu Beginn schmerzhaft, manchmal sogar an der Grenze des Ertragbaren ist. Im besprochenen Psalm 130, einem Wallfahrts-Psalm, wird es deutlich. Zuerst wird aus tiefer, existentieller, seelischer Not gerufen: «Herr, höre meine Stimme!» Dann wird gefleht und demütig um Gnade und Vergebung gebeten und mit Hoffnung auf den Morgen gewartet. Gelassenheit breitet sich aus, ja, der Herr wird schlussendlich gepriesen und frohgemut wird auf die Erlösung in Fülle gewartet. Die Not ist noch nicht getilgt, die Erlösung liegt noch in der Zukunft. Trotzdem ist Freude, Erleichterung und Zuversicht spürbar.

Der Weg des Wartens im Psalm 130 wird schrittweise von Klagen, Rufen bis Zuversicht und zuletzt mit Gelassenheit beschrieben. Schaue ich auf mein Warten in meinem Leben zurück, bin ich erst spät zu Zuversicht und Gelassenheit gelangt. Ähnlich wie Simeon in der Bibel – eine Stelle, die wir am folgenden Tag betrachteten: Lk 2,22- 38, wo der alte Simeon dem Messias begegnete.

In der neuen Einheitsübersetzung von 2016 wird diese Stelle ohne Untertitel nur noch mit «Das Zeugnis des Simeon und der Hanna» betitelt. Ich möchte hier mit einigen persönlichen Worten beschreiben, weshalb mir diese Bibelstelle so wichtig geworden ist.

Am Ostermontag 2014 wurde ich im Kloster Disentis als Oblate aufgenommen. Ich war damals beinahe 70 Jahre alt. Ich wählte Simeon als meinen Oblatennamen. Gemäss der Bibel war dieser alte Mann gerecht und fromm und wartete auf den Messias, den Trost Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Der alte Simeon ist für mich ein Vorbild. Er hat in seinem Glaubensleben auch lange warten müssen, bis er endlich Jesus den Messias leibhaftig auf seinen Armen tragen durfte. Er trug eine grosse Verheissung in sich: «… er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Christus des Herrn gesehen habe.» (V. 26f.)

Ich dagegen war in meinem Glaubensleben ein grosser Sucher. Sicher war dabei der Heilige Geist bei mir im Unbewussten auch hilfreich. Ich kam wie Simeon erst als alter Mann zum Ziel meiner Suche mit der Aufnahme ins Kloster Disentis als Oblate. Mit den Worten Simeons ist für mich alles beschrieben: «Nun lässt du, Herr, deinen Knecht, wie du gesagt hast, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast.» (V. 29f. Wenn ich diese Verse lese, überschwemmt mich immer wieder ein tröstliches, beruhigendes, friedliches Gefühl, eben wie Balsam. Was wollen wir mehr?

Mit der Eucharistie dürfen wir diesen Messias jeden Tag in unserem Herzen tragen, noch inniger als Simeon, bis zu unserem Lebensende. Ist das nicht wunderbar? Auch wenn wir auf diesem Weg manchmal Schwieriges, Schmerzhaftes, Trauriges erleben, tragen wir einen inneren Frieden in uns, den uns niemand wegnehmen kann! Was auch immer um uns herum geschehen mag. Dieser Friede Israels hilft uns, unser Leben zu bewältigen. Ja, deshalb ist mir diese Bibelstelle so wichtig geworden.

Pater Bruno hat mir mit seinen Worten geholfen, diese Stelle noch besser zu verstehen. Der Heilige Geist hat Simeon in den Tempel gerufen und so dafür gesorgt, dass er in seinen alten Tagen den Messias noch in die Arme nehmen konnte. Der Heilige Geist half ihm auszuharren, er schenkte ihm Durchhaltekraft, Erkenntnis, innere Gewissheit. Sein lebenslanges Warten wurde so sinnvoll und Simeon erfasste den Hl. Geist als grossen Tröster. Dass er sch lussendlich so reich beschenkt werden konnte, wurde indessen nur möglich, weil er die Last seines eigenen Kreuzes auf sich genommen hatte. Er wurde dafür schlussendlich reich beschenkt und war mit Freude und Friede erfüllt.

Auf unserem Programm stand auch der obligate Ausflug am Samstag. Wir hatten natürlich wieder einmal mehr dem Ausflugsziel entsprechendes Wetter, ohne Schirm war nämlich nichts zu machen. Unser Ziel war eine kleine Arche (siehe Foto), wo es bekanntlich nur noch regnete. Der Regen brachte uns in die Stimmung von Noah und seiner Familie. Wir erreichten die Arche mitten in der Natur nach einer abwechslungsreichen Autofahrt. Zum Schiffchen – oder eben zur Arche – gelangt man zu Fuss über einen längeren schmalen Steg über sumpfiges Gelände am Rande eines Waldes. Unsere Arche war eine Miniaturausgabe, vollständig aus Holz, aussen rundherum begehbar. Natürlich waren darin keine Tiere zu finden. Der einzige Raum bestand aus einer kleinen Schiffskapelle mit einfachen Bänken und einem grazilen, kleinen Altar. Dahinter stand eine schöne Maria-mit-Kind-Statue aus Holz vor einem kunstvollen Patchwork-Teppich. Trotz Regen leuchteten die Fenster hell. Noah hätte hier sicher mit Freude Gottesdienst gefeiert und auf die Erlösung gewartet. Der schlichte Raum lud zum längeren Verweilen ein und es war schön, als Pater Bruno das Mittagsgebet anstimmte und wir anschliessend drei Rosenkranzgesätze gemeinsam beten durften.

Ist diese Arche ein Fingerzeig Gottes, den die Handwerker aus dem Bregenzerwald unbewusst ausführten? An die ursprüngliche Bedeutung der Arche Noah wird kaum noch gedacht. Die Menschheit glaubt, alles selber bewältigen zu können. Gott ist in weiter Ferne – ausser vielleicht bei Naturkatastrophen. An den später folgenden Retter wird auch nicht mehr geglaubt. Dass er sogar unter uns im Brote anwesend ist, gilt auch nur noch für wenige. Ruft uns dieses kleine Bijou nicht zum Innehalten auf, zum Beten, zum Stillewerden?

Die Mitte dieser Arche verweist uns auf den zerbrechlichen Altar, auf Maria mit dem Kind und auf den Heiligen Geist. Für mich heisst das, nicht die Arche wie bei Noah ist der Ausweg, sondern das Dargestellte in dieser «Bregenzer Arche»: Der grazile Altar, Maria mit dem Kind und der Hl. Geist.

Die Gastfreundschaft im Kloster in Bludenz, mit nur fünf Schwestern, entspricht einem Fünf-Sterne-Kloster.

Der schöne Blumenschmuck im Gemeinschaftsraum, auf den Esstischen, in den Schlafräumen, in den Gängen, in der Hauskapelle und in der Kirche war wohltuend und liess einen die Sorgen in der Welt vergessen. Die schöpferische und äusserst aktive Sr. Maria schimmerte dabei überall durch. Ihr fröhliches Harfenspiel war wohltuend, erfrischend und brachte einen zum Staunen. König David wäre mit seinen Psalmen sicher begeistert gewesen. Der Kreuzweg im Klostergarten mit seinen Flachreliefs, ebenfalls von Sr. Maria modelliert, trug ebenso viel zur glaubenstragenden Gastfreundschaft bei. Da waren die gackernden Hühner während des Kreuzweg-Gebets kein Hindernis. Auch ihre Ikonenmalerei ist eindrücklich, ganz besonders die drei Ikonen an der Frontseite des Altars in der Hauskapelle, die neueren Datums sind (siehe Foto). Es sind dies Ikonen mit der heiligenCaterina, mit dem Guten Hirten und mit dem heiligen Dominikus. Sie ergeben ein schönes Gesamtbild vom Altar.

Mit anderen Worten, bei diesen Schwestern fühlten wir uns wohl und zu Hause, die grosse warme Sitzbank beim Kachelofen im Refektorium lässt grüssen.

Danke Pater Bruno Rieder für die eindrücklichen Impulse, für das priesterliche «Mit uns Sein» in unserer Oblaten-Gemeinschaft und die hilfreichen, schönen Meditationsbilder. Dank auch Bruder Martin Hieronymi mit seinem fröhlichen Lachen, der im Hintergrund für uns die organisatorischen Aufgaben mit Bravour löste.

Peter Böhringer, Simeon

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