Besinnungstage der Oblaten: «Demut und der Wunderstein»

Oblaten-Besinnungstage: «Demut und der Wunderstein»
vom 6.- 9. Juni 2024

Unerwartete und tiefsinnige Fügungen prägten die diesjährigen Besinnungstage der Disentiser Oblaten im Dominikanerinnenkloster St. Peter in Bludenz. Für den 6. bis 9. Juni reisten 17 Oblaten unter der Leitung von Pater Bruno Rieder und Bruder Martin Hieronymi in das stille Kloster am Rande der vorarlbergischen «Alpenstadt». Anhand vier biblischer Texte vertieften sie sich in das für die Benediktsregel – und für jeden Christen – zentrale Thema «Demut».

Der Samstag dieser Einkehrzeit ist stets durch einen Ausflug geprägt, sei es zu einem Wallfahrtsort, einem Naturwunder oder einer historischen Sehenswürdigkeit. Diesmal ging’s zur Wallfahrtsbasilika Rankweil, wo drei Ziele den christlichen Pilger erwarten. Es stellte sich heraus, dass alle drei Andachts-«Gegenstände» in engem Zusammenhang mit den ausgewählten Demuts-Texten standen. Das «Silberkreuz» aus dem 12. Jahrhundert erinnerte an den Christus-Hymnus aus dem Philipperbrief: Jesus lebt den Christgläubigen die Demut vor, indem er sich «entäusserte und erniedrigte bis zum Tod am Kreuz» (vgl. Phil 2,7f.).

In der Loretokapelle betete die Pilgergruppe den freudenreichen Rosenkranz und verehrte die Jungfrau Maria mit Liedern. Das gotische Gnadenbild, umrahmt von einem prächtigen Barockaltar, zeigt die Gottesmutter mit dem Jesuskind. Der Schlüssel für die herausragende Stellung Marias im Heilsplan Gottes ist ihre Demut. Diese bringt sie zum Ausdruck in ihrer Antwort auf die Verheissung des Engels Gabriel: «Siehe, ich bin die Magd des Herrn» (Lk 1,38). Und ebenso im Lobgesang des Magnificat: «Meine Seele preist die Grösse des Herrn … Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.» (Lk 1,46.48) Maria als Mutter der Kirche fanden die Oblaten vorgebildet beim Propheten Zefanja, im «armen und demütigen Volk» (Zef 3,12), an dem Gott das Werk der Erneuerung und Heilung wirken wird.

Das eigenartigste Wallfahrtsziel in der Basilika Rankweil ist der sogenannte Fridolin-Stein. Aufgeklärte – und manchmal hochmütige – Zeitgenossen und Theologen haben für solche Legenden meist nur ein mitleidiges oder sogar verächtliches Lächeln übrig. Doch die Wahrheit solcher Erzählungen liegt auf der symbolischen, nicht der historischen Ebene. «Es geht in (in der Legende) zentral um die Offenbarung des göttlichen Heilswirkens, das in der Person eines Heiligen zur Erscheinung kommt, zeichenhaft beglaubigt vor allem durch das Signum des Wunders.» Vom heiligen Fridolin, einem alemannischen Glaubensboten und Mönch im 6./7. Jahrhundert, wird Folgendes erzählt: In einem Rechtsstreit wandte er sich an den Himmel. Am Ort der heutigen Basilika kniete er sich deshalb zu inbrünstigem Gebet nieder. «Der Stein, auf dem er Gott um sein Recht anflehte, erweichte, und die Höhlungen der Knie und Ellbogen zeichneten sich darin ab.» In diese Höhlungen knien viele Pilger und bitten um Heilung von Gelenkschmerzen. Für die Oblaten war der Knie-Stein ein tiefsinniges Symbol für die Haltung der Anbetung, die den demütigen Menschen im Angesicht Gottes kennzeichnet. Wer vor Gott niederkniet, der erfährt, wie sich Jesu Verheissung erfüllt: «Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! … Lernt von mir: Denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.» (Mt 11,28f.)

Jesu Herzensgüte und -demut erschlossen sich der Oblatengruppe durch die Feier des Herz-Jesu-Festes am zweiten Tag ihres Aufenthalts. Gelegenheit zur Vertiefung des Festgeheimnisses bot der «Abend der Barmherzigkeit», an welchem die Disentiser Gäste teilnehmen und mitwirken durften. Der Prediger an diesem Abend, Père Achille aus dem Kongo, zitierte den jüdischen Philosophen Martin Buber: «Alles wirkliche Leben ist Begegnung.» Insofern waren die Tage in Bludenz eine Zeit intensiven Lebens.
Pater Bruno Rieder

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